13 Monate Bunkerabriss bei gleichzeitigem Grundschulbetrieb - was läuft da schief?

Dokumentation des Brandbriefs des Schulelternbeirats der Schwarzburgschule an Bau- und Schulbehörde

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Elternschaft der Schwarzburg Grundschule ist äußerst besorgt aufgrund des anstehenden Abrisses des direkt an die Schule angrenzenden Glauburgbunkers.

Die Elternschaft hat den Abriss des Marienkrankenhauses, sowie den Abriss der Altenwohnanlage an der Spohrstraße / Ecke Schwarzburgstraße miterlebt und kann sich nicht vorstellen, wie der Abriss eines massiven Bunkers einen direkt angrenzenden Schulbetrieb nicht beeinträchtigen sollte.

Der gesamte Abriss ist, aus unserer Sicht, ein nicht zu kalkulierendes Risiko.

Es ist auch anzunehmen, dass die Baustelle, die Baustellenbelieferung und -abfuhr Gefahren für die Kinder auf sämtlichen Schulwegen birgt.

Die Stadt Frankfurt ließ zudem bisher unbeantwortet, wie das Personal der Schwarzburgschule vor dem Hintergrund des Abrisses den staatlichen Bildungsauftrag erfüllen soll. Der Abriss führt zu zeitlich unabsehbarer tatsächlicher Lärmbelastung, einhergehend mit dauernden Erschütterungen, Vibrationen und Staubbelastung.

Der Schulelternbeirat, in Vertretung der Elternschaft, sieht deshalb die ungestörte Entwicklung aller Kinder der Schwarzburgschule als stark gefährdet an und fordert eine Auslagerung des gesamten Schulbetriebes, noch vor Beginn der Abrissphase, als folgerichtige Reaktion auf den Abbruch.

Der Bauherr hat in der vergangenen Woche eine weitere Version der Schallimmissionsprognose – Baustellenlärm (Version 4.0, 30.10.2019) zum Abbruch des Hochbunkers bei der Bauaufsicht Frankfurt a.M. eingereicht.

Die darin festgelegten Maßnahmen zur Lärmminderung sind nicht geeignet, einen ungestörten Schulbetrieb möglich zu machen und sicher zu stellen, dass die Schüler*innen sich in den nächsten Jahren unbeeinträchtigt entwickeln können und zwar aus folgenden Gründen.

Im Prolog des Gutachtens steht:

Bezugnehmend auf ähnliche Abbruchprojekte ist vorab zu konstatieren, dass es schlichtweg unmöglich ist, im innerstädtischen Bereich einen geordneten Baustellenbetrieb herzustellen, aufrechtzuerhalten und dabei einen Immissionsrichtwert von 55 dB(A) einzuhalten. Beide Parteien, die „lärmerzeugende“ Seite als auch die „lärmbetroffene“ Seite müssen mit Einschränkungen rechnen.“

Zwar werden Schulen in der AVV Baulärm nicht explizit erwähnt, aber in einem Merkblatt der Bauaufsicht Frankfurt aus dem Jahr 2018 werden Schulen gemeinsam mit Krankenhäusern als „Umfeld schutzbedürftiger Nutzungen“ eingestuft.

D.h., gemäß diesem von der Bauaufsicht Frankfurt a.M. herausgegebenen Merkblatt muss für Baustellen direkt neben einer Grundschule ein Wert von 45dB zugrunde gelegt werden.

Im aktuellen Gutachten des Investors wird jedoch von einem Wert von 55 dB ausgegangen und damit die besondere Schutzbedürftigkeit des Umfeldes nicht berücksichtigt.

Auch der „Lästigkeitszuschlag“ i.H. von bis zu 5dB wurde nicht eingerechnet.

Überschreitungen, die dann deutlich über 55dB(A) liegen, sind aus diesen Gründen besonders diskrepant, insbesondere für sensible Kindersysteme.

Die Abbruchzeit wird im Gutachten mit 13 Monaten veranschlagt. Dies bedeutet, dass ein Teil des Abbruchs auch während der warmen/heißen Sommermonate stattfinden soll.

Erfahrungsgemäß, durch fehlende Isolierung und einfachverglaste Holzfenster bedingt, heizen sich die Klassenzimmer der Schwarzburgschule im Sommer so stark auf, dass Schulunterricht nur bei geöffneten Fenstern stattfindet. Leider verfügt die Schwarzburgschule nicht über ein Lüftungssystem bzw. eine Klimaanlage.

Die Elternschaft fürchtet eine massive Störung des Unterrichtes durch das vorgeschlagene Abbruchverfahren.

Studien und auf deren Basis verfasste Broschüren (z.B. der Leitfaden „Lärmschutz in Hessen“ des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) belegen zudem, dass Lärm krank macht, wobei hier Kinder nachgewiesenermaßen noch gefährdeter sind als Erwachsene.

Abgesehen von den Lernbeeinträchtigungen und Gesundheitsgefährdungen der Kinder wird, bei sowieso schon angespannter Personalsituation, ein höherer Krankenstand unter den Lehrer*innen erwartet. Hinzu addiert sich der Unterrichtsausfall durch hohe Temperaturen im Sommer auch ohne das besondere Problem der mangelhaften Belüftung.

In dem Gutachten wird nun vorgeschlagen, dass bei Prüfungssituationen Lärm zu vermeiden sei bzw. die lauten Bauarbeiten ruhen und eine Mittagspause eingehalten werden sollte.

Die Elternschaft ist der Ansicht, dass nicht nur in Prüfungssituationen Lärm zu vermeiden ist, sondern während aller diesen Situationen vorangehenden Phasen des Lernens.

Die Schwarzburgschule ist eine Grundschule. Grundschüler*innen sind in einer besonders schützenswerten Lebensphase, in der das Lernen und das sich Konzentrieren noch eingeübt wird.

Grundschüler, so die pädagogische Erfahrung der Lehrer*innen, lassen sich in der Regel noch von jeder Kleinigkeit ablenken.

Auch trägt die Schule die Verantwortung für Kinder aus Krisengebieten. Diese sind zum Teil traumatisiert und darüber hinaus besonders schutzbedürftig.

Des Weiteren wird argumentiert, dass es sich bei dem entstehenden Baulärm um unvermeidbaren Baulärm gemäß der AVV Baulärm handelt.

„Unvermeidbarer Baulärm“ gilt jedoch nur dann, wenn von der Baustelle eine Gefahr ausgeht oder die Baustelle, im öffentlichen Interesse steht.

Ein ungestörter Schulbetrieb für fast 300 Kinder steht fraglos im öffentlichen Interesse.

In einer Online-Petition haben sich über 3.200 Frankfurter*innen für einen Erhalt des Bunkers ausgesprochen und neben der Schaffung von Wohnraum im Bestand (hier wären bis zu 20 Wohnungen realisierbar), auf ein dringend benötigtes Stadtteilzentrum aufmerksam gemacht.

Am 20. September 2019 haben sich ca. 300 Schüler*innen und Eltern an einer Protestaktion gegen den Abriss des Glauburgbunkers beteiligt und auf ihr Recht auf einen störungsfreien Lernbetrieb aufmerksam gemacht.

Der Abriss des Bunkers und ein Neubau steht demnach nicht in öffentlichem Interesse, sondern lediglich im Interesse des Investors.

Im Gutachten wird angeführt, dass eine Reduktion der Abbrucharbeiten im Sinne des Schutzes der Gesundheit der Schüler*innen und Lehrer*innen auf z.B. 2 ½ Stunden pro Tag unverhältnismäßig sei und dem „Grundrecht der Baufreiheit“ entgegenstünde.

Allerdings geht es im Gutachten ja gar nicht um das „Grundrecht der Baufreiheit“.

Dieses wird nur unzulässig vermengt mit den finanziellen Auswirkungen eines retardierenden Abbruchs.

Denn 2 ½ Stunden tägliche Abbruchszeit verlängern lediglich die Amortisationszeit des Bauprojektes, jedoch schränken sie de jure nicht das „Grundrecht der Baufreiheit“ ein.

Der unabhängige Gutachter des Büros für Bauphysik von Rekowski und Partner sagt aus:

Der Schulbetrieb wird durch den Abriss massiv gefährdet.“

Der Schulelternbeirat fordert daher eine Auslagerung des Schulbetriebes, und zwar bevor die Abbruchphase beginnt.

Als ersten Schritt sollte das städtische/staatliche Schulamt die Erstellung eines unabhängigen Lärmgutachtens in Auftrag geben. Hierbei ist auch die besondere Bau- und Erhaltungssubstanz des Schulgebäudes der Schwarzburgschule zu berücksichtigen.

Die Elternschaft geht davon aus, dass die Kinder durch den Abriss mindestens ein Unterrichtsjahr mit der Möglichkeit auf guten Lernerfolg verlieren werden.

Dies stellt eine massive Beeinträchtigung mit negativen Auswirkungen auf die gesamte und schulische Entwicklung der Kinder dar.

Der Schulelternbeirat fordert aus diesen Gründen ein entsprechendes pädagogisch-psychologisches Gutachten. Dieses ist durch den Investor zu beauftragen und durch das Schulamt der Stadt Frankfurt zu prüfen.

Mit freundlichen Grüßen
i.A. des SEB der Schwarzburgschule

Andrea Teuscher, stellvertretende Schulelternbeirätin